Was alle längst wissen, beleuchtet noch einmal die Presse

Dietmar Bebber, 11.06.2011

Was alle längst wissen, beleuchtet noch einmal die Presse

Stabiler Koffer war sein Stammplatz

VON ANDREAS BEHLING
Andreas Wolf
Trainer Andreas Wolf. (FOTO: ARCHIV/REINKE)
ORANIENBAUM/MZ. Sein bevorzugter Stammplatz war der stabile Koffer, in dem die medizinische Abteilung ihre Utensilien aufbewahrte. Äußerst selten ist er von diesem Sitz aufgesprungen. Andreas Wolf, der ab Sommer 2007 das Oranienbaumer Landesklassen-Team betreute, hat diesen Platz nun geräumt. Während des Urlaubs im fernen Thailand will Wolf Abstand gewinnen und neue Kraft schöpfen. Danach tritt er bei der SG Reppichau (Landesklasse) die Nachfolge von Holger Nöthling an, der den Kreisoberligisten TSV Elbe Aken übernimmt.

Die Distanz sucht er wegen der verkorksten Saison bei Hellas 09, die mit dem Abstieg in die Kreisoberliga Anhalt endete. Kraft benötigt er für seine kommende Aufgabe in Reppichau. Zunächst für ein Jahr will er dort am sportlichen Ruder stehen. "Längerfristig binde ich mich nie. Jede weitere Entwicklung mache ich von meiner gesundheitlichen Verfassung abhängig. Und ob es im Verein passt, ist ja auch immer ungewiss", sagt Andreas Wolf, der sich von den Hellenen gern in einer anderen Gemütsverfassung verabschiedet hätte.

"So wollte ich natürlich nicht weggehen. Das ist ein bisschen traurig", resümiert er nach vier Serien am Waldhaus. Dass es nicht klappte, den Anhängern dort den höherklassigen Fußball zu erhalten, hat für den gewohnt sachlich analysierenden Wolf vielerlei Gründe. Ohne zur Sicherheit nochmals in den Spielberichtsbögen zu blättern, weiß er: "Wir konnten nie eine konstante Aufstellung präsentieren. Etliche Leistungsträger fehlten ein Drittel der 30 Partien." Die nackten Zahlen zeigen, dass der Übungsleiter eher noch zur Untertreibung neigt.

Benny Woitha, der beim Landesligisten SV Dessau 05 einen Drei-Jahres-Vertrag unterzeichnete, stand ihm nur 17 Mal zur Verfügung. Andreas Rößner, vor der Saison von Grün-Weiß Wolfen zu den 09ern zurückgekehrt, konnte gerade 19 Mal auflaufen. Und Christian Reindorf, der ein Stabilisator in der mit 83 Gegentoren letztlich nicht landesklassentauglichen Abwehr gewesen wäre, musste nach zwölf Spielen verletzungsbedingt gänzlich passen. Dazu gesellten sich eine mangelhafte Trainingsbeteiligung und die fehlende Einstellung zu vielen Spielen.

Andreas Wolf hat überhaupt nicht vor, den Stab über einzelne Akteure zu brechen. Fakt sei freilich gewesen, dass sich nach dem Wegfall solcher Typen wie Ralf Jenichen, René Schwarzer und Gert Herrmann niemand fand, die Lücken halbwegs zu füllen. Marcel Weise, der langjährige Kapitän, habe es zwar versucht, musste indes der Mehrfachbelastung (Familie, Hausumbau, Meisterschule) Tribut zollen. Und den jungen Nachrückern wie Marcel Bodenberger, Kevin Brandl oder Lukas Bradler frühzeitig eine Führungsrolle zuzumuten, hätte nicht funktioniert. "Vielleicht war der Druck zu groß", sucht Wolf nach Erklärungen.

Wer in 13 Landesklassen-Partien keinen einzigen Treffer fabriziert, darf den Klassenerhalt nicht ernsthaft erwarten. Andererseits: Wenn es gelingt, unter ganz veränderten Vorzeichen - Grün-Weiß Wörlitz und Hellas 09 Oranienbaum streben ab der kommenden Saison eine Spielgemeinschaft an - einen sicheren Neustart hinzulegen, dann kann Wolf zufolge der teilweise durch seine Schule gegangene Kader im KFV Anhalt eine gute Rolle spielen. Auf 24 Oranienbaumern und 16 Wörlitzern ruhen laut René Schwarzer, der den scheidenden Dessauer als Co-Trainer unterstützte, die Hoffnungen für 2011 / 12. "Das schafft die Möglichkeit, wieder einen größeren Konkurrenzkampf zu entfachen", drückt Wolf den Kickern im Wörlitzer Winkel die Daumen.


Quelle:Mitteldeutsche Zeitung