Schwache Dessauer verlieren gegen Wolfsburg hoch

Daniel Richter, 13.07.2009

Dessau-Roßlauer Spielgemeinschaft verliert gegen den Deutschen Meister mit 1:14

Kai Lukan sorgt für den Ehrentreffer

Michael Kaluza
Michael Kaluza (05) versucht, Wolfsburgs Caiuby zu stoppen.

DESSAU/MZ. Ob er Torwart André Lenz richtig ausgeguckt hatte? Kai Lukan hätte jetzt eine große Geschichte erzählen können. Doch der junge Fußballer schaute nur skeptisch herüber. "Ganz ehrlich?", fragte der 05-Stürmer. "Ich wollte den Ball einfach nur aufs Tor bringen." Das gelang. Und wie.

In der 81. Minute war Lukan allein auf das Wolfsburger Tor zugelaufen und hatte den Ball fast schon cool in das Tor vom Deutschen Meister gekickt. 3 127 Fans jubelten, als wäre das entscheidende Siegtor gefallen. Doch das 05-Talent Lukan hatte nur den Ehrentreffer gemacht - zum 1:13.

Ungleiches Duell

Es war ein ungleiches Duell, das da am Sonntag im Paul-Greifzu-Stadion stattfand. Das hatte schon vor dem Anpfiff festgestanden. 90 Minuten später ging die gemeinsame Mannschaft von Dessau 05 und Germania Roßlau mit einem 1:14 vom Platz. "Wir haben uns einigermaßen aus der Affäre gezogen und haben unser Tor gemacht", fand 05-Trainer Dirk Metzker. "Alles unter zehn Tore wäre ein echter Erfolg gewesen." Doch dieses geheime Ziel blieb unerreicht. "Wolfsburg hat nichts anbrennen lassen", sagte Germania-Trainer Lutz Wilke. "Da sind Welten dazwischen." Das räumte auch Torschütze Lukan ein. "Ich habe, glaube ich, keinen Zweikampf gewonnen." Kein Wunder: Lukans Gegenspieler war der 1,93-Meter-Riese Alexander Madlung. "Da ist man bei jedem Kopfball chancenlos."

Wolfsburgs Trainer Armin Veh hatte eine gute Mannschaft an den Start geschickt. Zwar ohne den verletzten Stürmer Edin Dzeko und ohne Spielmacher Zvjezdan Misimovic. Aber dafür mit Weltmeister Cristian Zaccardo, Dänen-Neuzugang Thomas Kahlenberg und vor allem mit Grafite.

Am Vortag, beim Wolfsburger 9:1-Sieg gegen den Verbandsligisten Grün-Weiß Piesteritz, hatte Veh seinen brasilianischen Stürmer-Star noch geschont. In Dessau wirbelte Grafite 45 Minuten lang, machte drei Tore und durfte sich den Rest des Spiels von draußen anschauen. "Grafite ist Wahnsinn, so groß, so schnell, so gefährlich", staunte Roßlaus Trainer Wilke. "Der ist fast nicht zu stoppen."

Die Dessau-Roßlauer Auswahl hatte nicht nur wegen Grafite einen schweren Stand. Zehn Minuten hielt die Abwehr. Dank des starken Torwarts Alexander Winzer. Dann brach Grafite den Damm (10.). Daniel Baier (19.), Cristian Zaccardo (25.), erneut Grafite (30.) und Thomas Kahlenberg (32.) erhöhten auf 5:0, ehe der Gastgeber in der ersten Halbzeit seinen ersten und einzigen Schuss auf das Wolfsburger Tor abgeben durfte. Schiedsrichter Alrik Luther (Halle) hatte ein Foul am Roßlauer Stürmer Otto Möbius gesehen - wohl als einziger im Stadion. Den 18-Meter-Freistoß aus halbrechter Position zirkelte der

05er Stephan Schulze aufs Wolfsburger Tor. André Lanz musste sich schon strecken, um den Ball abzuwehren. Der Warnschuss wirkte. Alexander Esswein, am Vortag in Piesteritz mit drei Toren bester Wolfsburger, erhöhte wenig später auf 6:0. Kurz vor dem Pausenpfiff traf Grafite zum 7:0.

"Wir waren in der ersten Halbzeit zu ängstlich", sagte Germania-Trainer Lutz Wilke. "Wir haben die Bälle zu schnell verloren", fand Christian Hildebrandt, der die Stadtauswahl als Kapitän auf den Rasen führte - und das Modell einer Spielgemeinschaft durchaus positiv sah. "Momentan ist das sicherlich noch zu früh", gab der Routinier zu. "Doch Roßlau hat zu wenig Spieler. Wir haben zu wenig Spieler. Da macht es vielleicht schon Sinn, die Kräfte zu bündeln."

Das sah auch Dessau-Roßlaus Sportchef Ralph Hirsch so. Der bilanzierte einen "schönen, gelungenen Fußball-Nachmittag". Wolfsburg habe Wort gehalten. "Die sind mit dem bestmöglichen Kader angereist." Der einige Klassen zu groß war für die Dessau-Roßlauer Spielgemeinschaft. "Das Spiel zeigt, wie viel im Dessau-Roßlauer Fußball getan werden muss. Ziel muss ein Team sein, das so ein Spiel nicht zweistellig verliert."

Zweistellig wurde es in der zweiten Halbzeit ganz schnell. Obwohl der VfL Wolfsburg sieben neue Leute brachte. Doch Spieler wie der Portugiese Ricardo Costa, der deutsche A-Nationalspieler Christian Gentner und der Andrea Barzagli sorgten dafür, dass der Meister-Kader kaum schwächer wurde. Caiuby sowie erneut Daniel Baierund Alexander Esswein erhöhten bis zur 56. Minute auf 10:0, obwohl der eingewechselte Georg Melzer im Dessau-Roßlauer Tor noch einige gute Wolfsburger Chancen zunichte machte. Zaccardo und Christian Genter machten bis zur 68. Minute sogar das Dutzend voll.

Erst jetzt ließen es die Wolfsburger ruhiger angehen, wurde Dessau-Roßlau etwas mutiger. In der 72. Minute stürmte Torsten Wlodarski die Außenbahn entlang. Seine Flanke verpasste Kai Lukan nur knapp. Drei Minuten später, nach dem 13:0 durch Rodrigu Alvim, machte Lukan sein Tor. Fast wäre Dessau-Roßlau sogar noch ein zweiter Treffer gelungen. Ein Schuss von Jens Görisch klatschte in der 84. Minute aber nur an den Pfosten.

Tolles Erlebnis

"Das Spiel war ein tolles Erlebnis", sagte Germania-Trainer Lutz Wilke. "Wenn wir einmal miteinander trainiert hätten, wäre es vielleicht noch etwas besser gelaufen", erklärte 05-Trainer Dirk Metzker. Beide stehen nun vor einer schwierigen Aufgabe: Anfang August treffen Germania Roßlau und Dessau 05 im Landesliga-Derby aufeinander. "Ab morgen", schmunzelt Wilke, "sind wir wieder Konkurrenten." Bis auf weiteres.

Dessau 05: Winzel (46. Melzer), Eschner (46. Berger), Schulze, Keil, Handrich (46. Wlodarski), Merkel (46. Nickels), Möbius (70. Görisch), Lukan (46. Michael Kaluza), Heisig (46. Fräßdorf), Görisch (46. Mau), Hildebrandt (80. Lukan)


Quelle:MZ