Tumulte beim Sparkassencup in Piesteritz
PR Team, 23.12.2013
Stimmungstief beim Finale
FC GRÜN-WEISS PIESTERITZ Brandenburger Gäste gewinnen den 17. Sparkassencup.
VON ANDREAS RICHTER
WITTENBERG/MZ - Ingo Mattheuer, der Geschäftsführer des FC Grün-Weiß Piesteritz, war am gestrigen Tag erschüttert darüber, was beim Sparkassencup am Sonnabend passierte. "Das hätte nicht sein müssen, die Stimmung war bis zum Auslöser der Vorfälle so toll", so sein Kommentar. Während des Spiels um Platz drei war es zu Prügeleien gekommen, woraufhin die Polizei in das Geschehen eingreifen musste. Der FC-Vorstand werde aber nichts über das Knie brechen, so Mattheuer. "Wir setzen uns nach den Feiertagen in Ruhe hin und werten alles aus. Erst danach werden wir entscheiden, wie wir künftig verfahren."
Bezogen auf die Stimmung hatte Mattheuer Recht. Bis zu dem Zeitpunkt, als diese wegen der Vorfälle kippte, war genau das zu erleben, was Veranstalter FC mit diesem Turnier kurz vor Weihnachten bezweckt: Fröhlich und mit spannenden Wettkämpfen auf dem Parkett soll das Fußballjahr in der Lutherstadt beendet werden. 2013 wollten dafür neben dem Gastgeber, der FC schickte sein Oberligateam aufs Parkett, noch der FC Stahl Brandenburg, Tennis Borussia Berlin (beide Verbandsliga), das Landesligateam der Elsteraner Eintracht sowie die BSG Chemie Leipzig (Landesklasse) sorgen.
In der bestens gefüllten Stadthalle wurden zunächst die Vorrundenspiele ausgetragen. Dabei wurde auch aufmerksam beobachtet, wie sich Eintracht Elster nach den vielen personellen Umstrukturierungen der jüngsten Zeit (die MZ berichtete mehrfach) präsentieren würde. Und trotz aller Veränderungen, die Freude am Fußballspiel war den Jungs deutlich anzumerken. Co-Trainer Detlef Stache meinte, "dass wir heute aufgrund der Konkurrenz nicht um den Turniersieg mitkämpfen. Aber wir sind gern gekommen. So klingt das Jahr angenehm aus, und man kann ja bei solchen Vergleichen immer wieder was lernen". So ärgerte es bei den Eintracht-Kickern auch niemand en ernstlich, dass man am Ende in der Turnierwertung Fünfter wurde. Immerhin hatte man dadurch nicht den Stress, sich ab den beiden Halbfinalspielen weiter auf dem Stadthallenparkett zu mühen. Dort mussten als Erste die Leipziger gegen die Brandenburger auflaufen. Und schon bei dieser Partie war eine gewisse Unruhe bei manchen BSG-Fans zu spüren. Mehrfach mussten einige von ihnen vom Parkett geholt werden, als diese nach Schiedsrichterentscheidungen mit einem Sprung aufs Spielfeld ihrem Unmut Luft machen wollten. Und nach 15 Minuten war klar, dass die Leipziger in diesem Jahr maximal den dritten Platz erringen würden. Die Brandenburger gewannen 4:3. Auch im Halbfinale Nummer zwei ging es eng zu. Erst der Schuss von Oliver Hinkelmann zum 3:2 gegen Tennis Borussia Berlin brachte die Volkspark-Kicker auf die Finalspur. Das anschließende Spiel um Platz drei wäre einem Finale würdig gewesen. Lautstark versuchten die Leipziger und Berliner Fans, ihr Team nach vorn zu puschen. Mit dem Ergebnis, dass es nach der regulären Spielzeit 2:2 stand. Das Neunmeterschießen sollte die Entscheidung bringen. Auch hier herrschte nach drei Versuchen Gleichstand. Zweimal verschossen die Kontrahenten, je einmal trafen ihre Schützen. Aber bevor der Fußballkrimi weiterging, kam es zu Prügeleien, die Polizei griff ein. Beide Formationen wurden daraufhin durch den Veranstalter auf Platz drei gesetzt.
Im Finale, das unter dem Stimmungstief zu leiden hatte, kam es erneut zum Neunmeterschießen. Denn Grün-Weiß und Stahl lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, 2:2 stand es nach 15 Minuten. Beim Schuss vom Punkt zeigten die Brandenburger die besseren Nerven. Sie trafen dreimal, Piesteritz hingegen nur einmal.
Die zwei Seiten des Fußballs mussten Veranstalter und Besucher beim diesjährigen Sparkassencup des Piesteritzer FC miterleben. Als am Wochenende das Finale zwischen dem Oberliga-Team des Gastgebers und dem FC Stahl Brandenburg (großes Bild) über das Parkett ging, hatte zuvor beim Spiel um Platz drei eine Eskalation zwischen Fans einen Polizeieinsatz ausgelöst. Daran mit beteiligt waren Anhänger der BSG Chemie Leipzig (kleines Bild rechts), die zuvor noch in der Halle für Stimmung sorgten. Dies aber im positiven Sinn des Wortes. Während der Vorrundenspiele war es ruhig geblieben, so bei der Begegnung der Elsteraner Eintracht gegen die Chemiker (Bild unten, Mitte). Vor dem Anpfiff der Halbfinalpartien betätigte sich der achtjährige Nils Roether, der beim FC Grün-Weiß kickt, als Losfee. Die Trikotwerbeaktion wurde mit der Auslosung der Siegerfirmen am Sonnabend abgeschlossen. FOTOS: THOMAS CHRISTEL
AUSGELOST
Zwei Werbeflächen
Die Entscheidung, wer 2014 mit seiner Firma auf den Trikots der Piesteritzer Oberligamannschaft werben darf, ist gefallen. Beim Sparkassencup wurden die beiden Unternehmen aus den insgesamt 21 Firmen, die sich im Lostopf befanden, gezogen.
Platz zwei und damit die Option, kommendes Jahr auf dem Oberarm der Trikots zu erscheinen, hat die Kieferorthopädische Praxis Walter aus Wittenberg gewonnen. Als Brustsponsor wurde die Elektro Instand GmbH aus der Lutherstadt ermittelt.
Der FC hatte in den vergangenen Wochen dazu aufgerufen, dass sich Firmen um die Werbeflächen bemühen können, wenn sie 250 Euro an den Verein überweisen. Die so eingenommenen 5 250 Euro werden komplett der Arbeit im Nachwuchsbereich des FC zur Verfügung gestellt. AR
Plötzlicher Gewaltausbruch
FUSSBALLTURNIER Fan-Randale überschattet Sparkassencup. 13 Menschen werden verletzt, darunter ein Trainer. Polizei setzt Schlagstöcke und Pfefferspray ein.
VON ANDREAS RICHTER UND MARCEL DUCLAUD
WITTENBERG/MZ - Plötzlich passiert es. Der Vorraum der Wittenberger Stadthalle ist voll von Polizeieinsatzkräften, in der Halle selbst tauchen auf einmal blutverschmierte Menschen auf, Türen werden geschlossen, es wird nach Sanitätern gerufen. Drinnen herrscht heillose Verwirrung, draußen versuchen Polizei und Sicherheitskräfte, die Ordnung wieder herzustellen. Der 17. Sparkassencup des FC Grün-Weiß Piesteritz droht am Sonnabendnachmittag kurz vor dem Ende (das Spiel um Platz drei läuft noch, das Finale soll anschließend ausgetragen werden) völlig aus dem Ruder zu laufen.
Zwei Fans lösen Schlägerei aus
Was ist geschehen? Selbst die Einsatzleitung der Polizei kann den Auslöser im Nachgang nicht ganz genau klären. Aber es scheint folgendermaßen abgelaufen zu sein: Im Vorraum haben sich zwei Fans - einer von Piesteritz, einer von der BSG Chemie Leipzig - in die Haare bekommen. In Windeseile bekommen die Messestädter dies mit, circa 100 von ihnen verlassen fluchtartig die Zuschauertribüne, wollen sich einmischen. Und plötzlich setzt es Prügel. Mehrere Menschen, darunter der Trainer der Chemiker und der Fanbeauftragte der BSG, aber auch Sicherheitskräfte werden getroffen, tragen blutende Wunden davon. Die Polizei reagiert sofort, drängt die Fangruppe der Leipziger zurück Richtung Tribüne, besetzt den Platz vor der Stadthalle sowie das Foyer, Pfefferspray kommt zum Einsatz. Insgesamt werden 13 Menschen bei den Auseinandersetzungen verletzt, davon vier Polizisten, das sagt Steffen Kind, Sprecher der Polizeidirektion Dessau am Sonntag. Nach seinen Worten befanden sich unter den rund 600 Zuschauern allein 400 Fans von Chemie Leipzig, rund 100 von ihnen seien als gewaltbereit einzustufen. Laut Kind haben sich insbesondere Chemie- und Piesteritz-Fans geprügelt.
Als die Security eingreifen wollte, sei auch die angegriffen worden. Die Polizei sah kein anderes Mittel, als neben Pfefferspray auch Schlagstöcke einzusetzen, um die Schlägerei in den Griff zu bekommen. Nach Informationen der Polizeidirektion sind zahlreiche Ermittlungsverfahren bereits eingeleitet worden: darunter zwei wegen gefährlicher, zwei wegen einfacher Körperverletzung, eines wegen Ladendiebstahls, eines wegen des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole, einer der Fans soll den Hitlergruß gezeigt haben, hieß es gestern.
Endspiel gerät zur Nebensache
Der Gewaltausbruch passiert kurz vor dem Ende der Veranstaltung. Mitten in der Entscheidung, ob Chemie Leipzig oder Tennis Borussia Berlin Turnierdritter wird (beteiligt waren darüber hinaus drei weitere Teams), wird aus Spaß Ernst. Eine bis dato spannende und ausgelassene Hallenfußballparty kippt ins Gegenteil. Veranstalter FC Grün-Weiß Piesteritz steht vor einer schweren Entscheidung. Abbrechen oder das Ganze zum Abschluss bringen? Am Ende entschließt man sich dafür, das kleine Finale abzubrechen. Das Neunmeterschießen wird nicht fortgesetzt, die BSG Chemie Leipzig (Landesklasse) und Tennis Borussia Berlin (Landesliga) werden als Drittplatzierte gewertet. Das Finale, in dem sich die Oberliga-Mannschaft des gastgebenden FC sowie das Verbandsligateam des FC Stahl Brandenburg gegenüberstehen, gerät zur Nebensache. Denn Fans sind kaum noch in der Halle, die Stimmung ist ohnehin im Keller. Und die Freude der Brandenburger über den Turniersieg ist verhalten. Noch während das Endspiel läuft, ist vor der Halle Stress angesagt.
Nach der Prügelei wird umgehend beschlossen, dass die BSG-Fans in ihre Busse verfrachtet und nach Hause gefahren werden. Doch es dauert über 45 Minuten, bis es tatsächlich soweit ist. BSG-Anhänger fühlen sich vom Aufmarsch der rund 100 Polizisten provoziert. Es kommt zu kleineren Rangeleien, Gegen 18.30 Uhr herrscht dann endlich Ruhe vor der Halle. Ingo Mattheuer, FC-Geschäftsführer, erklärt am Sonntag: "Wir werten den Vorfall in Ruhe im Januar mit der Polizei aus. Erst dann kann ich etwas zu möglichen Konsequenzen sagen."
RÜCKBLICK
Das dritte Mal
Das dritte Mal war die BSG Chemie Leipzig Gast beim Sparkassencup. Da bekannt ist, dass die Fanszene der Chemiker Probleme bereiten kann, muss Veranstalter FC Grün-Weiß Piesteritz seitdem ein umfangreiches Sicherheitskonzept in der Schublade haben und zudem Polizeikräfte zur Absicherung der Veranstaltung einsetzen. Bislang gingen die Hallenfußballturniere ohne solche Vorfälle über das Parkett. AR
KOMMENTAR
ANDREAS RICHTER findet, dass sich die Verantwortlichen Gedanken über ihr Hallenfußballturnier machen müssen.
Lieber verzichten
Es sollte wie immer der spannende und fröhliche Abschluss des Wittenberger Fußballjahres werden. Doch am Sonnabend hat sich beim Sparkassencup des Piesteritzer FC gezeigt, wie unberechnbar die Fanszene ist - und dass man nicht umhin kommt, für solche Veranstaltungen umfangreiche Sicherheitskonzepte in der Schublade zu haben.
Fan-Randale mit Polizeieinsatz, dieses Bild gab es allerdings bislang nicht in Wittenberg. Am Sonnabend war in Sekunden zu erleben, wie aus Spaß Ernst wird. Nur, war das alles nicht vermeidbar? Die Gefahr war schließlich bekannt. Seit Leipziger Fans im Schlepptau ihrer Mannschaft mit nach Wittenberg kommen, müssen Polizei und Sicherheitskräfte in einem Umfang aktiviert werden, den man ansonsten auf den Plätzen und Hallen der Region nicht kennt. Schon darüber wurde in den vergangenen zwei Jahren immer wieder diskutiert.
Bisher ging alles gut, diesmal nicht. Veranstalter Piesteritz muss sich fragen, ob es nicht sinnvoller ist, keine Teams einzuladen, deren Fans ausflippen könnten. Denn es darf auch nicht vergessen werden: Die rund 100 Einsatzkräfte der Polizei kosten Geld. Und das hat der Steuerzahler aufzubringen.
Quelle:MZ
