Dessau 05 und Germania Roßlau ziehen Zwischenbilanz

Daniel Richter, 30.12.2009

Dessau 05 und Germania Roßlau ziehen Zwischenbilanz

Ulf Schuster ist seit einem halben Jahr Präsident des SV Dessau 05 - Zwischenbilanz fällt positiv aus

«Wir wollen nicht ewig in der siebenten Liga bleiben»

 

 

Gute Abwehr
Nur 15 Tore in 17 Spielen kassierte die 05-Abwehr: Die Mannschaft aus dem Schillerpark zählt zu den Überraschungsteams der Saison. 

 DESSAU/MZ. Es gab Präsidenten, die hatten einen leichteren Start als Ulf Schuster bei Dessau 05. Knapp ein halbes Jahr ist der Berufsschullehrer im Amt, das er antrat, als der Verein am Tiefpunkt seiner Geschichte angelangt war: 05 steckte im Insolvenzverfahren und musste aus der Verbandsliga zwangsabsteigen. Die Mehrzahl der Spieler flüchtete. Doch das neue Team hat sich, entgegen vieler Prophezeiungen, in der Spitzengruppe der Landesliga etablieren können. Für Frank Harnack Anlass genug, um die momentane Situation mit Schuster zu diskutieren.

Herr Schuster, Dessau 05 steht nach einer überraschend starken ersten Halbserie auf Rang vier der Landesliga Süd. Damit war doch nicht wirklich zu rechnen, oder?

Schuster: Ich hatte gehofft, dass es so kommt. Immerhin haben einige der Jungs im Nachwuchsbereich in der Verbandsliga gespielt, andere verfügten bereits über Erfahrungen aus Einsätzen in der Männer-Verbandsliga. Trotzdem: Dass wir jetzt Vierter sind und mit etwas mehr Glück und weniger Unentschieden vielleicht sogar Erster hätten sein können, das konnte niemand voraus ahnen.

Warum funktioniert Ihr Team so gut?

Schuster: Überraschenderweise haben wir mit den beiden verbliebenen Alten, Stephan Schulze und Christian Hildebrandt, zwei Typen in der Mannschaft, mit denen alle richtig gut klar kamen. Es war für die Chemie in der Mannschaft wichtig, dass die beiden geblieben sind, auch wenn es im Verlauf der ersten Halbserie einen Hänger gab. Dazu kam der riesige Ehrgeiz der jungen Spieler, schon bevor es mit den Punktspielen losging. Es waren immer zwölf bis 17 Mann beim Training, manche nahmen Extra-Urlaub wegen des Trainingslagers. Wenn man fit ist, kann man eben dieses Niveau länger halten.

Wie sehen denn die nächsten sportlichen Ziele aus?

Schuster: Zu allererst möchte ich Trainer Dirk Metzker, der ja der Hauptverantwortliche für den Aufschwung ist, entlasten. Wir brauchen einen guten Co-Trainer für ihn. Dirk Metzker war im Sommer entscheidend dafür verantwortlich, dass es überhaupt weiter ging und dass wir jetzt ein sportliches Niveau haben, mit dem wir alle zufrieden sein können.

Wie sehen Sie das Thema Aufstieg? So weit weg ist Platz eins ja nicht.

Schuster: Es wäre für meine Begriffe vollkommen falsch, eine so junge Truppe, wie wir sie haben, mit dem Thema Aufstieg unter Druck zu setzen. Es ist klar, dass wir nicht ewig in der siebenten Liga bleiben wollen. Aber es ist nicht Pflicht, bereits im kommenden Sommer aufzusteigen. Erst einmal wollen wir gemeinsam mit dem Wirtschaftsrat unseres Vereins die finanzielle Basis schaffen. Nicht, dass wir dann im April oder Mai, falls wir Erster sein sollten, plötzlich unsere Spiele verlieren müssen.

Stichwort Finanzen, Sie haben bei Ihrer Amtsübernahme insolvenzbedingt beim Stand Null anfangen müssen. Wie sieht die wirtschaftliche Situation des Vereins jetzt aus?

Schuster: Wir haben auf allen Vereinskonten ein Plus, das gab es bei Dessau 05 schon viele Jahre nicht mehr. Das Jahr 2009 ist ausfinanziert. Zudem haben wir Sponsorenzusagen vorliegen, die es uns ermöglichen werden, bis zum 30. Juni 2010 so weiter zu machen und allen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen.

Wie viele Sponsoren hat der Verein denn aktuell?

Schuster: Wir haben derzeit 20 unterschriebene Verträge. Es sind noch eine Menge weiterer im Gespräch, trotz Wirtschaftskrise. Mit der Firma Fleischhauer haben wir einen neuen Trikotsponsor finden können. Wir haben aber auch noch weitere Visionen. Doch für diese müssen erst im politischen Bereich die Weichen gestellt werden, und das nicht nur für Dessau 05, sondern für den leistungsorientierten Sport in Dessau-Roßlau generell.

Was sind das für Visionen?

Schuster: Mit der Arbeit, die wir derzeit bei Dessau 05 leisten, werden wir sicherlich die Verbandsliga wieder erreichen, aber darüber hinaus nichts. Dafür sind andere Voraussetzungen in der Stadt und in der Region notwendig. Dessau-Roßlau muss sich klar zum leistungsorientierten Sport bekennen. Das wäre eine Grundvoraussetzung.

Wie fällt denn Ihre persönliche Bilanz für die vergangenen sechs Monate aus? Hat Sie die Intensität, die das Präsidentenamt fordert, überrascht?

Schuster: Es ist nicht die Menge der Arbeit, sondern es sind häufig die unerwartete Dingen, mit denen man sich beschäftigen muss und die einem die Zeit für wichtigere Sachen rauben. Wie zum Beispiel der lang anhaltende Streit mit dem Kreisfachverband Fußball Anhalt. So etwas kostet sinnlos Kraft.

Was ist da vorgefallen?

Schuster: Uns wurde vom Kreisfußballverband als Verein eine Strafe in vierstelliger Höhe auferlegt, weil wir in der Saison 2008 / 2009 zu wenig Schiedsrichter gestellt hatten. Wir befanden uns damals aber mitten im Insolvenzverfahren, ich leitete die Sache an die Insolvenzverwalterin weiter. Laut Insolvenzrecht musste der KFV sich dann in die Reihe der Gläubiger einreihen und seine Forderungen anmelden. Das wurde beim KFV offenbar nicht akzeptiert oder verstanden, keine Ahnung, jedenfalls versuchte der KFV wegen Nichtbezahlen unsere erste Männermannschaft zum 1. November zu sperren. Dagegen mussten wir mit einer einstweiligen Verfügung vorgehen.

Ließ sich das nicht umgehen?

Schuster: Wie denn? Ich habe mit den Verantwortlichen des KFV mehrmals gesprochen, auch die Insolvenzverwalterin, und die Sachlage genau erklärt. Es ist nicht so, dass wir nicht zahlen wollten, wir durften es ganz einfach aus insolvenzrechtlichen Gründen nicht. Sonst hätten wir das gesamte Insolvenzverfahren gekippt. Das wäre nicht zu verantworten gewesen.

Was wünschen Sie sich zu Weihnachten für Ihren Verein?

Schuster (überlegt eine Weile): Einen Knotenplatzer für die Stürmer vor dem gegnerischen Tor. Und nicht nur für die erste Mannschaft.

 

Germania Roßlau findet sich zur Winterpause im Abstiegskampf wieder

«Wir müssen die Chancen nutzen»

Zwei Germania-Stützen
Zwei Germania-Stützen: Torjäger Otto Möbius (links) und Mittelfeld-Stratege Christian Fräßdorf (vorn).

ROSSLAU/MZ. Lutz Wilke redet nicht um den heißen Brei herum oder sucht Ausreden. Der Trainer von Germania Roßlau nennt die Dinge beim Namen. "Wir sind mit unserem kleinen Kader einfach ausgereizt, quantitativ wie qualitativ", sagt er, als er die erste Halbserie seines Teams in der Staffel Süd der Landesliga einschätzen soll. Nicht weniger als 14 Spieler habe der Verein in den vergangenen zwei Jahren verloren, allein im Sommer sind fünf Stammspieler gegangen, so der Coach weiter.

Diese adäquat zu ersetzen und damit den enormen Aderlass zu kompensieren, ist dem Traditionsverein aus dem Elbesportpark schwer gefallen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen lassen keine großen Aktivitäten auf dem Transfermarkt zu. Kombiniert mit großen Verletzungsproblemen und einer schwachen Ausbeute bei der Chancenverwertung führte das dazu, dass Germania Roßlau nur als 15. und damit als Abstiegskandidat in die Winterpause geht.

"Das hatte ich so auch nicht erwartet, obwohl mir vor der Saison klar war, dass es für uns sehr schwer werden würde", räumt Wilke ein. "Mit der Stamm-Elf würden wir unter den besten fünf stehen", ist sich der Trainer sicher. Doch auf die Stamm-Elf zurück greifen konnte er nicht. Routinier Torsten Kopocz fiel zeitig mit einem Kreuzbandriss aus, die gleiche Diagnose ereilte auch Michael Schädlich. Torjäger Otto Möbius verpasste ebenfalls wegen einer Operation vier Spiele. Drei Beispiele für das große Personalproblem, das Germania Roßlau in dieser ersten Halbserie plagte, und das teilweise skurrile Ausmaße annahm. Zum Auswärtsspiel in Arnstedt trat Roßlau mit einer Mischung aus erster und zweiter Mannschaft sowie aus der Alte-Herren-Elf an.

"Das war unser letztes Aufgebot", nickt Wilke. Doch nicht nur mit den personellen Sorgen hatten die Germanen zu kämpfen, einmal mehr bereitete ihnen auch die Chancenverwertung große Probleme. "Wir haben nun einmal keinen Gerd Müller im Team. Dabei müssen wir doch nur unsere Chancen nutzen", zuckt der Trainer mit den Schultern. Wilke ist sich sicher, dass sein Team etwa neun Punkte mehr haben könnte, wenn es die sich bietenden Möglichkeiten in einigen Spieler einfach nur besser verwertet hätte. Doch stattdessen geistert derzeit das Abstiegsgespenst durch den Elbesportpark. Geht es nach dem Willen von Wilke, Manager Karl-Heinz Bock und Präsident Frank Fritzsche, wird dieses aber bald vertrieben. Daür sollen zum einen ein Trainingslager Mitte Januar in Osterburg sowie möglicherweise zwei Neuzugänge die Voraussetzungen schaffen. "Die beiden würden uns sofort weiter helfen", betont Wilke, verrät aber keine Namen. Spielerwechsel in der Winterpause sind ein heikles Thema unter den Vereinen. Doch "noch im alten Jahr" soll Klarheit darüber herrschen, ob das Duo tatsächlich künftig das Germania-Trikot überstreift. Fest steht aber schon, dass mit Reinhard Freuße ein Talent aus der eigenen A-Jugend ab Januar 2010 in den Männerkader integriert werden wird.

Ebenfalls gleich im ersten Monat des neuen Jahres will Fritzsche erneut einen Antrag auf Fördergelder zur Sanierung des Elbesportparks stellen. Der erste Anlauf 2009 wurde "vom Land zurück gestellt. Dabei ist der Elbesportpark auf dem Stand der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts", kritisiert der Germania-Präsident die Bedingungen, mit denen zwölf aktive Mannschaften des Vereins klar kommen müssen. Für diese stehen derzeit nur zwei Plätze zur Verfügung. "Erste und zweite Mannschaft trainieren zusammen auf einem halben Platz", verdeutlicht Wilke, wie eng es im Elbesportpark zugeht. Die Germanen vermissen deshalb auch ein klares Bekenntnis der städtischen Politik zu ihrer Heimstätte. "Wir fühlen uns von der Stadt vernachlässigt", wird Fritzsche deutlich, klammert dabei aber nachdrücklich Dessau-Roßlaus Sportdirektor Ralph Hirsch aus. "Wenn er uns nicht oft geholfen hätte, wäre es noch schlimmer."


Quelle:MZ